FNP –Profit als Planungsziel? [Update]

Symbolbild GeldDie Diskussion, die mit der Vorstellung des Flächennutzungsplan(FNP)-Entwurfs im September ausgelöst wurde, kommt bis heute nicht zur Ruhe. Dabei erstaunt, wie stur die Verwaltungsspitze an dem Entwurf festhält, obwohl sowohl tausende von Bürgerinnen und Bürgern schon schriftlich ihr Missfallen geäußert haben als auch die Parteien zunehmend auf Distanz gehen. Mancher mag sich fragen, woher diese Verbissenheit kommt, mit der an einem Gewerbegebiet Voislöhe und anderen Plänen gegen den erklärten Bürgerwillen festgehalten wird. Eine – rein spekulative – Erklärung könnte darin liegen, dass es eben gar nicht um das Ringen um eine bestmögliche Planung geht, sondern handfeste Profit-Interessen dahinter stehen – einige Anzeichen würden dafür sprechen.

Update: Dieser Artikel wurde geschrieben, bevor das Interview mit Bürgermeister Lutz Urbach veröffentlicht wurde. In diesem werden einige Thesen des Artikels eindrucksvoll bestätigt: Das Gewerbegebiet Voislöhe ist für den Bürgermeister gesetzt, Freiflächen, die im Privatbesitz sind, sind für ihn “nicht verfügbar”, und nicht zuletzt erwartet er keine großen Überarbeitungen an dem Entwurf – trotz 4.600 schriftlichen Stellungnahmen. Das macht den folgenden Artikel aktueller den je!

Nachdem unser neuer Stadtbaurat Harald Flügge nach nur 100 Tagen im Amt mit einem haarsträubenden Interview den politischen Kredit, den er bei den Bürgern hatte, größtenteils verspielt haben dürfte, äußert sich nun zunehmend auch Bürgermeister Lutz Urbach selbst zum FNP. In Interviews und Grußworten zum Neujahr wird sein Vorgehen in Sachen FNP als „Durchmarschstrategie“ bezeichnet, und nach eigenen Angaben ist er sich bewusst, dass das geplante Vorgehen beim FNP „nicht alle positiv empfinden“ werden – offensichtlich gefällt es rund 4.600 Bürgern schon so wenig, dass sie sich schriftlich geäußert haben. Die Ziffer derer, denen es nicht gefällt, aber diesen Aufwand nicht auf sich genommen haben, dürfte noch deutlich höher sein.

Wenn 5% der Bevölkerung sich schriftlich bei der Verwaltung melden, sollte man meinen, dass dies zumindest Anlass für eine selbstkritische Diskussion wäre. Es sieht jedoch so aus, dass dennoch mit einer „Basta“ Politik möglichst weite Teile des FNP-Entwurfs im alten Zeitplan umgesetzt werden sollen. Eine konstruktive Diskussion – und viele gute Argumente wurden ja in den Stellungnahmen durch die teilweise sehr sachverständigen Bürger gebracht – findet bislang zumindest nicht statt – und ist evtl. gar nicht gewünscht? Und immer wieder wird ein Gewerbegebiet Voislöhe ins Gespräch gebracht – obwohl große Teile der Politik diesem jüngst nun schon zum dritten Mal eine Absage erteilt haben.

Diese Hartnäckigkeit verwundert angesichts der Tatsache, dass die Verwaltungsspitze bei anderen kontroversen Themen in der Vergangenheit den Bürger durchaus entgegen gekommen ist (z.B. bei der Neuaufteilung der weiterführenden Schulen). Woher kommt dann beim Flächennutzungsplan dieser radikale Konfrontationskurs gegen die Bürger und mittlerweile auch große Teile der Politik?

Könnte es sein, dass knallhartes Profitstreben dahinter steht? Schon in der Vergangenheit gab es Mutmaßungen, dass es einigen Beteiligten gar nicht um eine sinnvolle Planung geht, sondern dass in großem Stil über Immobiliengeschäfte Profit gemacht werden soll, und dabei insbesondere durch den Verkauf von Tafelsilber, also grüner Freiflächen, an Projektentwickler und Makler. Wenn man die jüngsten Entwicklungen einmal – rein spekulativ – unter diesem Blickwinkel betrachtet,  scheinen einige Puzzleteile sich zusammenzufügen:

  • Konzentration auf Entwicklung von Freiflächen: Während der Vorbereitung des FNP hat sich die Argumentation für Flächenbedarf gewandelt: Zunächst standen allein die neuen Gewerbeflächen im Vordergrund, die über den Stadtentwicklungsbetrieb möglichst gewinnbringend zu Geld gemacht werden sollten. Als absehbar wurde, dass Gewerbeflächen zunehmend kritisch durch die Bürger gesehen werden, brachte der damalige Stadtbaurat dann – fast wie aus dem Nichts – das Thema Wohnbauland auf, und skizzierte direkt, wie die Stadtverwaltung über Vorkaufsrechte und eine neu zu gründende Siedlungsgesellschaft hierüber Profit machen könnte. Vom Gewerbe zum Wohnbauland – es fällt auf, dass dabei vor allem immer Freiflächen im Fokus standen – was sich angesichts der dort erzielbaren traumhaften Gewinne erklären ließe.
  • Kein Interesse an Brachflächen: Zudem fällt auf, dass es eines der zentralen Bestrebungen im gesamten Prozess war, die Brachflächen, die überall in der Stadt offensichtlich sind, als „nicht verfügbar“ wegzureden. Nachdem selbst die zentralen Gutachter im Gewerbekonzept der Stadt bescheinigten, dass noch riesige Flächen zur Verfügung stehen, wurden so lange neue Gutachten beauftragt, bis eines zu dem vermeintlich gewünschten Ergebnis kam, dass Brachflächen nicht zur Verfügung stünden – obwohl dieses Gutachten schon auf den ersten Blick offensichtlich auf empirisch nicht nachvollziehbaren  Annahmen basiert und der Autor selbst einräumt, dass das Ergebnis in „enger Zusammenarbeit mit dem Stadtentwicklungsbetrieb“ erstellt wurde. – Deutlicher kann man nicht auf ein Gefälligkeitsgutachten hinweisen. Genau dieses Gutachten ist aber jetzt zentrale Planungsgrundlage für den FNP – was zu den Spekulationen passt, es ginge darum,  neue Flächen im Grünen mit Profit zu verkaufen – denn da würden große Brachflächen nicht ins Konzept passen.
  • Festhalten an Voislöhe: Eine solche Zielsetzung würde auch erklären, warum immer wieder Voislöhe als ideales Gewerbegebiet in die Diskussion gebracht wird (letztmalig durch Flügge im November 2016): Hier lässt sich vermutlich am meisten verdienen: Das Gebiet ist riesig, nur Acker- und Grünfläche, billig zu erschließen und gehört zur Hälfte der Stadt. Entsprechend schwer tun sich offensichtlich die Offiziellen damit, die zahllosen Sachgründe und die klaren Aussagen der Parteien zu akzeptieren, die eine Erschließung dort klar ausschließen, sondern bringen diese mutmaßlich lukrativste Option immer wieder in die Diskussion.
  • Zaudern bei den Zanders-Flächen: Zu einem Profitstreben passen würde auch das auffällige Zaudern bei den Zanders-Flächen. Bereits seit Mitte 2015 wusste die Verwaltung davon, dass große Teile des Gebietes zum Verkauf stehen. Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen: 30Hektar historisches Industriegebiet mitten in der Innenstadt, nur 15 Bahnminuten vom Kölner Dom entfernt – überall in Köln werden solche Flächen als Perlen für die Ansiedlung von neuen zukunftsfähigen Unternehmen und Start-Ups entwickelt (siehe z.B. der Medienstandort auf dem ehemaligen F+G Gelände in Mühlheim, oder das Vulkan Gelände in Ehrenfeld). Aber statt das Thema enthusiastisch aufzugreifen, und zu überlegen, wie diese einmalige Option entwickelt werden kann, wurden Diskussionen im Rat zunächst kategorisch unterbunden – Zanders dürfe nicht kaputt-geredet werden. Mittlerweile gibt es einen Käufer, der entwickeln will, doch statt diese Option in den FNP mit einzubringen erklärt der Bürgermeister lediglich man werde prüfen, denn „ein bisschen Gewerbe hier, ein paar Büros dort“ werde man nicht mitmachen. Größer könnte der Widerspruch nicht sein – wird es doch sonst stets so dargestellt, dass die Stadt kurz vor dem Exitus stünde, wenn es nicht neue Gewerbeflächen gäbe. Möglicherweise gilt hier aber: Nur Flächen, die die Stadt im Grünen entwickelt und selbst verkauft, sind gewünscht – alles andere wäre dann unerwünschte Konkurrenz für die eigenen Immobilienpläne.
  • Vorschläge der Parteien für Flächen „lohnen sich nicht“: Aufgrund der zahlreichen Argumente gegen die Gewerbepläne der Verwaltung hat die CDU die Verwaltung im Sommer 2016 aufgefordert, noch einmal einige Flächen direkt an der Autobahn als Gewerbestandorte zu prüfen, z.B. im Anschluss an das Gewerbegebiet Obereschbach. Hierzu wurde jedoch von der Verwaltung mitgeteilt, eine Entwicklung dort sei zu teuer, und entsprechend wurden diese Flächen im FNP-Entwurf nicht einmal näher geprüft. Das ist äußerst bemerkenswert, dass hier allein finanzielle Erwägungen schon Flächen für eine Analyse ausschließen – es sollte doch vor allem um eine sinnvolle Stadtplanung gehen. Dazu würde man erwarten, dass eine Analyse zunächst einmal alle Argumente erheben müsste, um dann eine Entscheidung treffen zu können. Ob sich damit vermeintlich viel oder wenig verdienen lässt, dürfte dafür ja wohl kein alleiniges Kriterium sein – wenn überhaupt. Offensichtlich wurde bei der Flächenauswahl im FNP jedoch zu allererst Profit-Kriterien angelegt, die jedoch den Bürgern und Parteien nicht offen kommuniziert wurden.
  • Es geht nicht um „Möglich machen“ sondern um Verkauf – Die Macher hinter dem FNP betonen stets, es ginge ja vor allem darum, „Möglichkeiten zu schaffen“, um Betriebe in Bergisch Gladbach halten zu können und man müsse ja nicht alle Flächen des FNP auch tatsächlich umsetzen. Aber Tatsache ist, dass eine der ersten Amtshandlungen von Hr. Flügge war, auf einer Immobilienmesse in München(!) für die Vermarktung der in Obereschbach geschaffenen Gewerbeflächen zu trommeln. Es ist also offensichtlich, dass das Ziel verfolgt wird, möglichst viele Flächen zu vermarkten, und nicht nur „örtliche Reserven“ vorzuhalten. Entsprechend besteht wenig Zweifel daran, dass die „Möglichkeiten“, die der Verwaltung zur Planung durch den neuen FNP gegeben werden, nicht nur behutsam für die ansässigen Betriebe entwickelt werden (wie es öffentlich immer betont wird), sondern vielmehr mit der ganzen Marketingmaschinerie deutschlandweit die Vermarktung beworben werden wird. Was angesichts einer solchen Strategie mit „Möglichkeiten“ im neuen FNP passieren wird, kann sich jeder selbst ausmalen.

All diese Auffälligkeiten rund um den FNP-Prozess würden Sinn ergeben, würde angenommen werden, dass wirtschaftliche Interessen im Vordergrund stehen. Ob dem so ist – man weiß es nicht.

Der Bürger hat allerdings offensichtlich längst erkannt, dass die geplante Urbanisierung weiterer Landstriche in Bergisch Gladbach nicht das Ziel sein kann, sondern genau das zerstören würde, was unsere Stadt attraktiv und lebenswert macht. Die Lösung muss hier daher eher in der Aufwertung und Qualifizierung der vorhandenen Flächen liegen. Dies erfordert jedoch eine deutlich intelligentere Planung, als die Betonisierung von Grünflächen – und auch eine „schnelle Mark“ lässt sich damit nicht verdienen.

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