Ohrfeige der Verwaltung für engagierte Bürgerinnen und Bürger

Die Festlegung des FNP geht in die nächste – und eventuell sogar finale Runde. Diese Woche hat die Verwaltung den neuesten Entwurf zum FNP online gestellt, der – so zumindest der Plan – am 15.11.2018 in den Ausschüssen beraten und bereits in der Folgewoche am 19.11.2018 dann endgültig im gesamten Stadtrat beschlossen werden soll.

Inhaltlich hat es der Entwurf – wie schon verschiedentlich in den Medien thematisiert– in sich, gerade weil gegenüber dem letzten Entwurf vom Dezember 2017 kein einziger Quadratmeter  geändert wurde!

Für den Osten von Bergisch Gladbach rund um Moitzfeld und Herkenrath bleibt es damit bei den Vorgaben der Politik an die Verwaltung vom Herbst 2017: Der überregionale Grünkorridor zwischen Moitzfeld und Herkenrath bleibt erhalten und einige der großflächig geplanten Wohngebiete bleiben verkleinert. Die explizite Forderung der IHK Köln, das riesige Gewerbegebiet Voislöhe wieder in den Plan aufzunehmen, wurde abgelehnt. Ohne weitere Änderungen bleibt es damit jedoch auchweiterhin bei den bekannten Kritikpunkten: Der weit überzogene Flächenverbrauch und die vollkommene Ignoranz gegenüber der desaströsen Verkehrssituation entlang der L289 – diese Themen wird die Bürgerinitiave Moitzfeld-Herkenrath also auch nach etwaigem Abschluss des FNP-Verfahrens weiter genauestens im Auge behalten, wenn es bei einzelnen Flächen in die Umsetzung gehen sollte.

Aber abgesehen von den inhaltlichen Festlegungen für den Osten Bergisch Gladbachs kann das grundsätzliche Vorgehen der Verwaltung nur als Affront und  schallende Ohrfeige für alle engagierten Bürgerinnen und Bürger bewertet werden: Über 2.300 Bürgerinnen und Bürger haben sich die Mühe gemacht, sich intensiv mit dem Thema zu beschäftigen und haben mit teilweise viel Herzblut und Engagement schriftliche Stellungnahmen  formuliert. All das wurde von der Verwaltung und dem Bürgermeister regelrecht vom Tisch gewischt – auf 7.700 Seiten wird zwar jede Stellungnahme dem Schein nach individuell beantwortet, allerdings stets mit dem Schluss, dass diese „zur Kenntnis genommen“ oder ihr direkt „nicht gefolgt“ werde. Das Ergebnis ist immer dasselbe: Der Entwurf wurde keinen Deut geändert. Dass aber unter 2.300 Stellungnahmen kein einziges Argument sein soll, was nicht zumindest soweit überzeugen kann, dass an kleinen Ecken noch Veränderungen vorgenommen werden sollten, ist absurd – zumal sich unter den Stellungnahmen ja auch solche von schwergewichtigen Trägern öffentlicher Belange wie dem Bergische Naturschutzverein RBN oder der Kreisverwaltung befanden. Welche andere Schlussfolgerung, als dass die Bürgerbeteiligung eine reine Alibiveranstaltung  sein sollte, und hier seitens der Verwaltung förmlich auf Biegen und Brechen das Verfahren durchgezogen werden soll, kann man hieraus ziehen?

Zumal vorbereitende Planungen wie das ISEK, das ja ebenfalls mit viel Bürgerengagement und immensem finanziellen Aufwand durch die Stadt erstellt wurde,  komplett mit einem Satz vom Tisch gewischt wird:

„Das Integrierte Stadtentwicklungskonzept – ISEK 2030 ist hinsichtlich seiner Zielsetzung nicht mehr vollständig aktuell.“

Sicher dreht sich die Erde weiter, aber es müsste schon erläutert werden, warum nach 5 Jahren ein solches für 20 Jahre erarbeitetes – und vom Rat beschlossenes – Konzept komplett auf den Kopf gestellt wird (z.B. indem Entwicklungsräume genau dort vorgesehen werden, wo sie im ISEK ursprünglich abgelehnt wurden).

Nicht zuletzt triefen die Formulierungen der Verwaltung häufig vor Arroganz, die Abfälligkeit und Herablassung gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern nicht verhehlen: Wenn der Bürgermeister auf die Hinweise auf Naherholungsfunktionen von Flächen wörtlich mit

„Einen Anspruch auf eine unmittelbar vor der Haustüre liegende Naherholungsfläche ergibt sich aus den gesetzlichen Anforderungen des Baugesetzbuches nicht.“

erwidert, muss man schlussfolgern, dass er nicht die Interessen der Bürgerinnen und Bürger vertritt.

Insofern haben Bürgermeister Urbach und seine Verwaltung die Ratsfraktionen in eine schwierige Lage gebracht:

Wird der Entwurf in der aktuellen Form „durchgewunken“, droht ein massiver Vertrauensverlust für die Politik weil unweigerlich der Eindruck entsteht, dass die Politik sich hier mit dem Vorgehen der Verwaltung gemein macht und die Bürgerbeteiligung endgültig zur Farce verkommen ist.

Andererseits würden weitere Änderungsanträge das ganze Verfahren in eine weitere Runde (vermutlich mit erneuter Offenlage) schicken, wodurch ein Abschluss vor dem nächsten Kommunalwahlkampf schwierig wäre. Insofern lohnt sich sicher die Teilnahme und aufmerksames Zuhören bei den nächsten öffentlichen Veranstaltungen:

  • Am 06.11.2018 um 19:00 Uhr lädt das Bürgerportal In-GL.de zur großen Diskussionsrunde mit der Verwaltung, Politik und Bürgerschaft in den Saal „Am Bock“ neben dem Rathaus.
  • Am 15.11.2018 findet dann ab 17:00 Uhr in der IGP Gesamtschule Paffrath die öffentliche Ausschusssitzung statt, in dem die Politik Farbe bekennen muss.
  • Am 19.11.2018 wäre – falls es bei dem aktuellen Entwurf bleibt – ab 17:00 Uhr dann im Bergischen Löwen die entscheidende Ratssitzung, in dem dann der neue FNP endgültig beschlossen würde.

Wie geht es nun für die Bürgerinitiative Moitzfeld-Herkenrath weiter?

  • Zum einen ist das Thema FNP ja noch nicht abgeschlossen, und es gilt, dieses Verfahren bis zur endgültigen Verabschiedung weiter zu verfolgen und zu begleiten;
  • Zudem wurde etwa schon durch Vertreter der SPD unverhohlen angekündigt, dass die SPD dem Verzicht auf Gewerbegebiete wie Voislöhe nur kurzfristig zustimme.  Für die Zeit nach Verabschiedung des FNP wurden bereits entsprechende Änderungsanträge angekündigt. Auch hier gilt es also am Ball zu bleiben, so dass der erarbeitete Kompromiss auch langfristig Bestand hat.
  • Schließlich gibt es Anhaltspunkte für eine neue „Angriffswelle“ von Spekulanten auf unsere grüne Landschaft: Nachdem es lokal mit dem FNP ja nur bedingt geklappt hat, versucht man es anscheinend nun „von oben“, auf regionaler Ebene nämlich, im Zuge der Neuaufstellung des Regionalplans, um die Verstädterung von Bergisch Gladbach zum Vorort von Köln

Auch in diese kommenden Verfahren wird sich die Bürgerinitiative und deren Trägerverein als Träger öffentlicher Belange aktiv und energisch einbringen, um die Landschaft und dörflichen Strukturen rund um Moitzfeld und Herkenrath vor Verstädterung und – noch schlimmerem – Verkehrskollaps zu bewahren. Wir setzen  stattdessen auf den Erhalt des attraktiven Lebensraums im Grünen bei behutsamem  Wachstum.

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